Das kann doch gar nicht sein. Hat er sich auch wirklich nicht verguckt? Auf dem Gleis gegenüber gehen seltsame Dinge vor sich. Ist das Mädel da wirklich gerade über das Gepäck gehüpft? Tom beobachtet das Geschehen wie eine Szene in einem Film. Finden hier etwa Dreharbeiten statt? Dicke Schneeflocken runden die Stimmung ab. Durch die offene Bahnhofsseite kommt der Winter mitsamt Kälte und Schnee hereingeweht und untermalt das Geschehen. Als hätten die Filmleute an alles gedacht. Aber für welches Genre würde hier solch ein Aufwand betrieben? Action? Drama? Oder doch eine Schnulze, natürlich mit Happy End? Lissie hängt den dicken Ordnungshüter gekonnt ab und verschwindet aus Toms Sichtfeld. Dieser verschwendet keinen weiteren Gedanken mehr an sie und widmet sich erneut seinem Buch. Die Spionagegeschichte hat ihn ziemlich gepackt. Er möchte bis zur Einfahrt seines Zuges noch das Kapitel zu Ende lesen. Und während Tom da so im Frankfurter Hauptbahnhof auf seinen Zug wartet, liest und Kaffee trinkt, ahnt er noch nicht, was ihm auf seiner Reise alles noch widerfahren wird. Blockierte Gleise, Stromausfall, ein schimpfender Schaffner… Und nicht zuletzt sitzt die freche Lissie mit ihm im Abteil, raubt ihm den letzten Nerv und zieht ihn gleichzeitig total in ihren Bann. In ihrer ersten weihnachtlichen Kurzgeschichte spinnt Lilly M. Beck eine freche, heiße und gleichzeitig emotionale und romantische Handlung rund um existenzielle Fragen, die wir uns wohl alle schon mal gestellt haben: Gibt es so etwas wie Zufall? Was sind gute Taten in der heutigen Zeit noch wert? Und kann man sich seinem Schicksal entziehen? Am Ende einer abenteuerlichen Zugfahrt ist Tom jedenfalls klar: Es gibt keine Zufälle. Erst recht nicht zu Weihnachten.
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