Seit zwei Jahren pflegt Melanie ihren Mann Simon, der nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselt ist. Simon gibt Melanie die Schuld an seinem Zustand und hält es für ihre Pflicht, sich weiterhin um ihn zu kümmern. Melanie sieht es genauso und hat die vor dem Unfall geplante Scheidung zurückgezogen und sich von ihrem Freund Geert getrennt. Simon nutzt ihre Schuldgefühle schamlos aus und tyrannisiert sie Tag und Nacht – bis Melanie zusammenbricht. Dr. Daniel Norden will sie stationär in die Behnisch-Klinik aufnehmen, nicht zuletzt, um ihr ein bisschen Ruhe vor ihrem anstrengenden Mann zu verschaffen, doch Simon ist dagegen. Schließlich finden sie einen Kompromiss: Auch Simon lässt sich in die Klinik aufnehmen, damit Melanie immer in seiner Nähe sein kann. In der Klinik ist ein neuer Neurologe eingestellt worden, Dr. Bennet Lenz, der Simon nach dem Unfall behandelt hat und ihn sofort wiedererkennt. Dr. Lenz kennt Simons düsteres Geheimnis, das er jedoch nicht preisgeben darf. – Auf der Inneren wird Melanie von Dr. Schön betreut, aber auch von Dr. Berger besucht. Was Erik Berger im Schilde führt, hätte sich niemand träumen lassen … Melanie rückte die tiefroten Dahlien, die sie erst vor wenigen Minuten aus dem Garten geholt hatte, in der Porzellanvase zurecht. Sie würden schnell dahinwelken, aber im Moment sahen sie wunderschön aus und brachten etwas Farbe und Leben in das kleine Gästezimmer. Der Raum war perfekt ausgestattet, mit hellen Buchenmöbeln, faltenfreier Bettwäsche und einer gemütlichen Sitzecke. An den Wänden hingen moderne Drucke und ein Flachbildfernseher. Melanie wünschte sich aus ganzem Herzen, dass sich ihr Gast hier wohlfühlte. Nur so könnte sie ihrem Haus, das sich wie ein Gefängnis anfühlte, für eine kurze Zeit entfliehen. Sie eilte zurück in die Küche und schaffte es noch, die Kaffeemaschine einzuschalten und das Tablett mit dem Geschirr in den Wintergarten zu tragen, als Simon nach ihr rief. Durch die Sprechanlage, deren kleine, unauffällige Lautsprecher in jedem Zimmer des Hauses angebracht waren, tönte seine tiefe, ungeduldige Stimme: «Melly! Melly!» Ohne eine Miene zu verziehen, machte sie sich auf den Weg zu ihrem Mann. Sie wusste, sie würde ihn im Arbeitszimmer finden, dort, wo sie ihn vor knapp zehn Minuten zurückgelassen hatte. Simon saß am Schreibtisch. Auf seinem Computerbildschirm sah Melanie die Tabelle mit den aktuellen Umsatzzahlen, die das Steuerberaterbüro vor einer Stunde gemailt hatte. «Ich brauche ein Kissen für den Rücken.» Simon sah sie nicht an, sondern studierte weiter die Zahlen. Das Kissen, nach dem ihm verlangte, lag auf einem Stuhl in seiner Reichweite. Melanie nahm es und schob es zwischen seinen Rücken und die Lehne des Rollstuhls. «Ist es gut so?», fragte sie automatisch. "Etwas tiefer.
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